Mittwoch, 10. März 2004
Der laengste Tag
Gut, also um es vorweg zu sagen: ich hatte eine sehr angenehme Reise und keinerlei Schwierigkeiten ins gelobte Land zu kommen, und das wisst ihr ja auch alle schon..
Aber, der Reihe nach:

[04:30 MEZ; B. bei R. an der W.]

Der Wecker klingelte nicht, weil ich natuerlich schon wach war (nach vielleicht drei Stunden Schlaf - sehr seltsam..) und die letzten Sache einpackte. Noch fix einen Happen gegessen, und dann ging es auch schon los: den fast 30Kg schweren Koffer ins Auto gewuchtet, und auf zum Bahnhof.

[6:00 MEZ; R. an der W., Hbf]

Der IC nach Hamburg fuhr tatsaechlich puenktlich (!) los, und wenn ich Herrn Mehdorn richtig verstanden habe, muss ich der Bahn ja schon alleine dafuer dankbar sein. Und das bin ich natuerlich auch, denn ich kann es mir nicht leisten, von Herrn Mehdorn verklagt zu werden.
Jedenfalls, der Zug fuhr nicht nur puenktlich los, sondern er brachte mich sogar nach Hamburg, und mehr kann man von der Bahn ja nun wirklich nicht verlangen (fuer die Puenktlichkeitsstatistiker unter Euch: zwanzig Minuten...).

[ca. 9:40 MEZ, Hamburg Fuhlsbuettel]

Mit Hilfe des Hamburger Nahverkehrssystems habe ich es tatsaechlich noch vor zehn zum Flughafen geschafft. Beim Einchecken traf ich auf einen Securitytypen, der sich wohl besonders lustig vorkam, als er mit Blick auf meinen nicht unerheblichen Schokoladenvorrat meinte, die muesste aber hier bleiben. Also wirklich, mir die Schokolade wegnehmen wollen, da hoert der Spass aber auf..
Nachdem das geklaert war hatte ich noch etwas Zeit und bin nochmal zum Jungfernstieg gefahren, bevor dann um kurz nach eins der Flieger nach Paris ging.

[14:40 MEZ, Paris Charle de Gaule]

Landung im sonnigen Paris nach einem sehr angenehmen Flug in einem fast leeren Flugzeug. Natuerlich durfte ich auf diesem sehr spaceigem Flughafen den weiten Weg von Terminal D nach Terminal E laufen (und das war wirklich weit..), aber, was tut man nicht alles.. .

[ca. 16:15 MEZ, Paris Charle de Gaule]

Abflug aus dem 'alten Europa'. Eingequetscht in der Economy-Class einer Boing 777 der Air France standen mir acht Stunden Flug bevor. Dummerweise kannte ich die an Bord gezeigten Filme schon, und schlafen konnte ich auch nicht so richtig, aber irgendwie ging die Zeit trotzdem recht schnell rum.

Noch ein Wort zur Fluggesellschaft: der ein oder andere hatte ja sehr gelacht, als ich erwaehnte, dass ich mit Air France fliegen wuerde. Und, tatsaechlich, selbst wenn sie denn mal Englisch reden, versteht man kaum ein Wort. Zumindest ging es mir so. Aber, der grosse Vorteil: bei den Franzosen gibt's was ordentliches zu essen, selbst im Flugzeug. Die Verpflegung war wirklich sehr lecker, was man ja von Flugzeugessen allgemein nicht unbedingt erwarten kann.

[23:40 MEZ/17:40 EST; Logan Airport,Boston]

Nach einem sehr ruhigen Flug landete mein Flieger eine halbe Stunde zu frueh auf dem Logan Airport, und in mir stieg die leise Hoffnung auf, vielleicht doch noch den Bus um halb sieben nach Providence zu erwischen (und nicht zwei Stunden auf den naechsten Bus wartend auf dem Flughafen rumzulungern). Auf Grund der bevorstehenden Einreiseprozedur und moeglicher Diskussionen mit dem Zoll ueber die Lebensmittel in meinem Koffer rechnete ich damit aber nicht wirklich.
Also: mit dem Reisepass und den an Bord ausgefuellten Formularen in der Hand raus aus dem Flugzeug und an den ersten vier martialisch aussehenden und finster guckenden 'Homeland-Security'-Officers vorbei an der Schlange fuer Visainhaber angestellt. Da war ich doch relativ zuegig dran und wurde zu einem Beamten der Einwanderungsbehoerde vorgelassen. Um mich so richtig herzlich willkommen zu heissen nahm der erstmal meine Fingerabdruecke und machte ein Bild von mir, immerhin musste ich fuer das Foto kein schwarzes Schild mit weisser Schrift hochhalten.. . Und dann fragte er mich, mit meinem Reisepass und den ausgefuellten Formularen in seiner Hand (!), was denn nun eigentlich meine Nationalitaet sei. Also, entweder er war wirklich so helle, wie er aussah, oder dies ist DER Spezialtrick, mit dem die harmlosen Reisenden von den boesen Kriminellen unterschieden werden, ich weiss es nicht.
Danach lief er suchend rum (vielleicht wegen meiner qualifizierten Antwort, wer weiss?), fand aber keinen Vorgesetzten, den er was-auch-immer fragen konnte. Dafuer brachte er mich in eine kleine Wartehalle, d.h. er hatte mich fuer ein weiterfuehrendes Interview ausgewaehlt. Den Bus sah ich gedanklich wegfahren. Kaum hatte ich mich hingesetzt war ich aber schon dran, und ausser diesem "was wollen sie hier eigentlich und wo werden sie bei wem was machen" war auch nix weiter. Ein recht netter Beamter zeigte mir dann den Weg zum Gepaeckkarussel.

Dort dann die naechste spannende Frage: hat mein Koffer den Weg nach Boston gefunden? Uuuund... ja, da war er, in einem Stueck und unversehrt, klasse. Nun war es kurz nach sechs und es blieb nur noch eine Huerde: die Zollbehoerde.
Vor mir war eine vierkoepfige Familie mit jeder Menge Gepaeckstuecken, die auf ihrem Zollformular 'Food' unter dem Punkt 'Was haben sie denn so dabei?' angekreuzt hatten. Die wurden auch prompt mit der Bemerkung "some things are allowed, some not, we're gonna check it over there.." zum Filzen geschickt. Da ich auch bei 'Food' ein Kreuz gesetzt hatte sah ich mich bereits ebenfalls meinen Koffer in diese Richtung rollen. Dem war aber nicht so. Der Beamte sah bereits aus einiger Entfernung die Aufschrift 'Reisepass' auf meinem Pass, begruesste mich mit einem akzentfreien "Guten Tag!", guckte kurz in meine Papiere und verabschiedete mich mit einem ebenso akzentfreien "auf Wiedersehen!". Und damit war das 'Department of Homeland Security' mit mir fertig.
Also: auf zum naechsten Infoschalter, nach dem Bus nach Providence gefragt und raus zum Busterminal.

[19:45 EST, Bonanza Bus Terminal, Providence]

Nach einer recht beeindruckenden Fahrt, incl. der naechlich erlaeuchteten Skyline von Boston, vier- bis fuenfspurigen Highways (in jede Richtung..) und jeder Menge grosser Autos wurde ich am Busterminal bereits erwartet. Nach ueber zwanzigstuendiger Reise hatte ich es geschafft.
Die deutschen Kolonisten, die mich begruessten, meinten dann, ich koennte noch nicht schlafen gehen weil ich sonst mit dem Jet Lag so schnell nicht fertig werden wuerde. Daher wurde mir zuerst ein amerikanischer Supermarkt gezeigt, welcher vor allem durch seine Preise beeindruckte, und danach eine typisch amerikanische Bar, in der der Tag dann fuer mich mit sechs Stunden Verspaetung endete. So ist das wohl, wenn man der Sonne hinterherfliegt..

Und irgendwann, so gegen halb eins Ortszeit, habe ich dann den Weg ins Bett gefunden.

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